Berlin ist eine große und schöne
Stadt. Sie fühlt sich ein wenig wie Heimat an. Ich habe keine besonderen
touristischen Gefühle, kein Bedürfnis die Klassiker zu erleben. Das mag
natürlich daran liegen, dass unsere Familie aus der Gegend kommt und ich schon
oft hier oben war. Vielleicht liegt es aber auch an einer Entscheidung, die ich
tief in mir drin getroffen habe. Die Entscheidung, etwas zu wagen, etwas Neues
zu beginnen. Jetzt ist aber erst mal Urlaub angesagt.
Der zweite Tag unseres
Aufenthalts war besonders von einem geprägt. Faulheit. Einfach mal so einen
ganzen Tag nichts tun, sondern nur im Bett liegen und das Leben genießen.
Vollkommen verdient. Sie hat schließlich gerade vorgestern ihre Masterarbeit
vollendet und abgegeben und ich verdiene ein Brötchenimperium … naja zumindest
gibt es jede Menge Schichten. Das Sahnehäubchen der Faulheit ist natürlich der
Lieferdienst für das Abendessen. Chinesisch. Sehr lecker. Und dann auch zeitig
ins Bett, schließlich ist Schlaf gesund … oder so …
Der dritte Tag bricht an. Heute
soll es aber auch mal vor die Tür gehen. Schließlich ist morgen Karfreitag und
an so einem Feiertag sind die Öffnungszeiten bekanntlich eher begrenzt oder gar
gänzlich abwesend. Also auf in die U-Bahn. Primark soll es sein. Ich will ja
jetzt nicht mit dem Finger zeigen, aber mein erster Gedanke zum Thema Berlin
war tatsächlich nicht ein Kleidungsdiscounter aus England, aber hey die haben
ja auch mal ein Viertel der Stadt besetzt. Es war furchtbar. Wo soll ich
beginnen? Dem Hauptgrund für den Horror: Ferien. Wie bereits erwähnt kann man
in diesem Geschäft, welches inzwischen einen gewissen Kultstatus hat, günstig
Kleidung und Kleinkram jeglicher Art erstehen, weshalb besonders Teenager die
Tore Primarks stürmen. Theoretisch kein Problem, aber in dieser schulfreien
Zeit ist vom demografischen Wandel nichts zu spüren. Blöd. Grund Nummer zwei
sind die Brutmaschinerie und ihre Panzer. Hier gibt es gleich zwei
Kritikpunkte. Auf der menschlichen Ebene ist es eine Grausamkeit einen so
kleinen Menschen in einer kleinen Schale fixiert durch ein enges Geschäft zu
schieben, wo der Stress in dicken Wolken durch die Luft schwebt. Auf der
logistischen Ebene die Situation vergleichbar mit der Zerstörung des
Todesstern. Irgendwie muss der Torpedo durch die 2 Meter breite Öffnung und das
kann gut gehen, muss aber nicht. Und da diese Damen, wenn man sie denn noch so
nennen darf, weder über die Leichtfüßigkeit noch den BMI eines Jedis verfügen,
schlägt die Mission noch vor dem Erreichen der Stationsgräben. Der Hass macht
sich breit. Ich mag Menschenmassen nicht besonders. Meine Freundin spürt mein
Unbehagen und reagiert verständnisvoll. Glück gehabt. Wir verlassen diese
Konsumhölle zeitnah und erblicken den Konsumhimmel: Toys“R“Us. Also ab dafür!
Kinderträume steigen auf. Wir
streifen durch die Gesellschaftsspiele. Staunen über die verrückten Variationen
oder Themenadaptionen der bekannten Klassiker. Es keimt der Wunsch ein Stück
rückwärts zu altern. Nun zum Lego. Wäre ich kein Mann, würde wohl nun eine
Träne der Rührung über meine Wange laufen. So viele schöne Sachen. Der Wunsch
des Kindwerdens verwandelt sich in das Begehren die Packungen aufzureißen und
alles aufzubauen. Der Laden ist angenehm ruhig. Glücklicherweise scheint die
Zielgruppe weniger die Kinder, als mehr die Eltern einzuschließen, die noch auf
der Arbeit sind. Hehe. Abteilung für Abteilung streifen wir durch den Laden und
schwelgen in Erinnerungen, alten Leidenschaften, neuen Ideen und dem kindlichen
Spieltrieb. Mit einem breiten Grinsen und - dank Mutter Vernunft - einem leeren
Einkaufswagen verlassen wir unsere kleine Kolonie des Nimmerlands.
Die Shoppingsensation findet hier aber noch nicht ihr
Ende. Schließlich waren wir noch in keinem typisch deutschen Laden. Deshalb ist
unser nächstes Ziel ein Wahrzeichen des deutschen Kapitalismus. Das KaDeWe.
Dieses Bollwerk bietet wirklich alles und das in bester Qualität. Da man als
Lärche und Nachtigall bereits mit schönen Federn geschmückt ist, kann man die
Abteilungen für Mode und Make-up geflissentlich überspringen und direkt zu
Spielzeug und Büchern vorspulen. Wir streifen durch die Regale. Das Angebot ist
weniger überwältigend als erwartet, dafür aber genauso teuer. Mir war zu diesem
Zeitpunkt allerdings schon bewusst, dass das Ware Goldstück dieses Warenhauses
in der obersten Etage wartet. Die Feinkostabteilung. Gängeweise Leckereien. Von
totem Tier über stinkenden Käse bis hin zu süßen Pralinen und das war nur der
Teil für die feste Nahrung. Außerdem gibt es dort erlesene Teesorten, seltene
Biere und ausgewählte andere Getränke. Abermals mit astronomischen Preisen,
aber auch zum Teil durchaus gerechtfertigt. Hier können wir dann auch nicht
widerstehen und packen ein kleines Tütchen Bonbons, ein paar Gummiteile (ohne
Gelatine) sowie eine Stange weißes Nougat ein und grinsen schon spitzbübisch
voller Vorfreude auf die Nascherei. Wieder ein Punkt der wahrlich vollen Liste
abgearbeitet.
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